Ñòóäîïåäèÿ

ÊÀÒÅÃÎÐÈÈ:

ÀñòðîíîìèÿÁèîëîãèÿÃåîãðàôèÿÄðóãèå ÿçûêèÄðóãîåÈíôîðìàòèêàÈñòîðèÿÊóëüòóðàËèòåðàòóðàËîãèêàÌàòåìàòèêàÌåäèöèíàÌåõàíèêàÎáðàçîâàíèåÎõðàíà òðóäàÏåäàãîãèêàÏîëèòèêàÏðàâîÏñèõîëîãèÿÐèòîðèêàÑîöèîëîãèÿÑïîðòÑòðîèòåëüñòâîÒåõíîëîãèÿÔèçèêàÔèëîñîôèÿÔèíàíñûÕèìèÿ×åð÷åíèåÝêîëîãèÿÝêîíîìèêàÝëåêòðîíèêà


Du kannst mich heute nicht beleidigen, du Verwandlungskünstler», erwiderte ich.




23 «Brautschau?» Ferdinand Grau hob den Kopf. «Warum soll er denn nicht auf Brautschau gehen?» Er wurde lebhafter und wandte sich mir zu. «Tu's ruhig, Robby! Du hast noch das Zeug dazu. Zur Liebe gehört eine gewisse Einfalt. Die hast du. Bewahre sie dir. Sie ist ein Gottesgeschenk. Nie wieder zu kriegen, wenn man sie mal verloren hat.»

24 «Nimm dir's nicht allzu sehr zu Herzen», grinste Lenz. «Dumm geboren zu werden ist keine Schande. Nur dumm zu sterben.»

25 «Schweig, Gottfried.» Grau wischte ihn mit einer Bewegung seiner mächtigen Tatze beiseite. «Auf dich kommt's nicht an, du Etappenromantiker. Um dich ist's nicht schade.»

26 «Sprich dich nur ruhig aus, Ferdinand», sagte Lenz. «Aussprechen erleichtert immer.»

27 «Du bist ein Drückeberger», erklärte Grau, «ein pathetischer Drückeberger.»

28 «Sind wir alle», grinste Lenz. «Wir leben nur noch von Illusionen und Krediten.»

29 «Jawohl», sagte Grau und sah uns der Reihe nach unter seinen buschigen Augenbrauen hervor an. «Von Illusionen aus der Vergangenheit und Krediten auf die Zukunft.» Dann wandte er sich mir wieder zu. «Einfalt habe ich gesagt, Robby. Nur neidische Leute nennen es Dummheit. Kränke dich nicht deswegen. Es ist kein Fehler, sondern eine Begabung.»

30 Lenz wollte etwas einwerfen. Aber Ferdinand sprach schon weiter. «Du weißt, was ich meine. Ein einfaches Gemüt, noch nicht zerfressen von Skepsis und Überintelligenz. Parzival war dumm. Wäre er klug gewesen, hätte er nie den heiligen Gral erobert. Nur wer dumm ist, siegt im Leben; der andere sieht viel zu viele Hindernisse und wird unsicher, ehe er beginnt. In schwierigen Zeiten ist Einfalt das kostbarste Gut ein Zaubermantel, der Gefahren verbirgt, in die der Superkluge wie hypnotisiert hineinrennt.»

31 Er trank einen Schluck und sah mich mit seinen riesigen blauen Augen an, die wie ein Stück Himmel in dem zerklüfteten Gesicht saßen. «Nie zu viel wissen wollen, Robby! Je weniger man weiß, desto einfacher ist es, zu leben. Wissen macht frei – aber unglücklich. Komm, trink mit mir auf die Einfalt, die Dummheit und was zu ihr gehört auf die Liebe, den Glauben an die Zukunft, die Träume vom Glück , auf die herrliche Dummheit, das verlorene Paradies »

Er saß schwer und massig da, plötzlich in sich selbst und seine Trunkenheit versunken, wie ein einsamer Hügel von unangreifbarer Schwermut. Sein Leben war kaputt, und er wusste, dass er es nicht mehr zusammenbringen konnte. Er hauste in seinem großen Atelier und hatte ein Verhältnis mit seiner Haushälterin. Die Frau war fest und derb, Grau dagegen, trotz seines mächtigen Körpers, empfindsam und haltlos. Er kam nicht los von ihr, und es war ihm wohl auch schon egal. Er war zweiundvierzig Jahre alt.

Obschon ich wusste, dass es die Betrunkenheit war, fühlte ich doch einen leisen, merkwürdigen Schauer, als ich ihn so sah. Er kam nicht oft und trank fast immer allein in seinem Atelier. Das bringt einen rasch 'runter.

34 Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er drückte mir ein Glas in die Hand. «Trink, Robby. Und rette dich. Denk daran, was ich dir gesagt habe.»

«Gut, Ferdinand!»

Lenz zog das Grammophon auf. Er hatte einen Haufen Negerplatten und spielte ein paar – vom Mississippi, von Baumwollpflückern und von den schwülen Nächten an den blauen tropischen Flüssen.

 

 

der Rasen – ãàçîí

vervollständigen – ïîïîëíÿòü (vollständig – ïîëíûé)

der Ulster – øèðîêîå äâóáîðòîå ìóæñêîå ïàëüòî ñ õëÿñòèêîì

ausrüsten – îñíàùàòü, ñíàáæàòü

in die Flucht schlagen – îáðàòèòü â áåãñòâî, ïðîãíàòü

der Förderkorb – ïîäúåìíàÿ êëåòü (fördern – ïîäíèìàòü /íà ïîâåðõíîñòü çåìëè/, äîáûâàòü + der Korb – êîðçèíà)

vermuten – ïðåäïîëàãàòü

schlaff – âÿëûé, ðàññëàáëåííûé

nachlässig – íåáðåæíî

die Traube – ãðîçäü âèíîãðàäà

verdutzt – ñáèòûé ñ òîëêó, ñìóùåííûé

offen gestanden – ÷åñòíî ïðèçíàòüñÿ (etwas gestehen – ïðèçíàâàòüñÿ â ÷åì-ëèáî)

steif – æåñòêèé, îäåðåâåíåëûé; ÷îïîðíûé

der Dunst – èñïàðåíèÿ, ïàð, ÷àä; äûìêà

handfest – êðåïêèé; ãðóáûé

 

Patrice Hollmann wohnte in einem großen gelben Häuserblock, der durch ein schmales Rasenstück von der Straße getrennt war. Vor dem Eingang stand eine Laterne. Ich parkte den Cadillac direkt darunter. Er sah in dem bewegten Licht aus wie ein mächtiger Elefant aus fließendem schwarzem Glanz.

Ich hatte meine Garderobe noch weiter vervollständigt. Zu der Krawatte hatte ich noch einen neuen Hut und ein Paar Handschuhe gekauft außerdem trug im einen Ulster von Lenz, ein herrliches graues Stück aus feinster Shetlandwolle. So ausgerüstet, wollte ich meinen ersten säuferischen Eindruck nachdrücklich in die Flucht schlagen. Ich hupte. Gleich darauf flammte wie eine Rakete in fünf Fenstern übereinander die Treppenbeleuchtung auf. Der Lift begann zu summen. Ich sah ihn herunterschweben wie einen hellen Förderkorb, der vom Himmel herabgelassen wurde. Patrice Hollmann öffnete die Tür und kam rasch die Treppe herunter. Sie trug eine kurze braune Pelzjacke und einen engen braunen Rock.

«Hallo!» Sie streckte mir die Hand entgegen. «Ich freue mich so, herauszukommen. Ich war den ganzen Tag zu Hause.»

Ich hatte gern, wie sie die Hand gab mit einem Druck, der kräftiger war, als man vermutete. Ich hasste Leute, die einem schlaff die Hand hinhielten wie einen toten Fisch. «Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt», erwiderte ich. «Ich hätte Sie dann schon mittags abgeholt.» «Haben Sie denn so viel Zeit?» «Das nicht. Aber ich hätte mich schon frei gemacht.» Sie holte tief Atem. «Wunderbare Luft! Es riecht nach Frühling.» «Wenn Sie Lust haben, können wir in der Luft herumfahren, so viel Sie wollen», sagte ich, «nach draußen, vor die Stadt, durch den Wald – ich habe einen Wagen mitgebracht.» Damit zeigte ich so nachlässig auf den Cadillac, als wäre er ein alter Ford. «Der Cadillac?» Überrascht sah sie mich an. «Gehört der Ihnen?» «Heute Abend, ja. Sonst gehört er unserer Werkstatt. Wir haben ihn aufgearbeitet und wollen das Geschäft unseres Lebens damit machen.» Ich öffnete die Tür. «Wollen wir zuerst in die 'Traube' fahren und essen? Was meinen Sie dazu?» «Essen schon, aber wozu gerade in der 'Traube'?»

Ich sah verdutzt auf. Die 'Traube' war das einzige elegante Restaurant, das ich kannte. «Offen gestanden», sagte ich, «etwas anderes weiß ich nicht. Ich denke auch, der Cadillac verpflichtet uns etwas.»

Sie lachte. «In der 'Traube' ist es bestimmt steif und langweilig. Gehen wir doch woanders hin!»

Ich stand ratlos da. Meine seriösen Träume lösten sich in Dunst auf. «Dann müssen Sie schon etwas vorschlagen», sagte ich. «Die Lokale, die ich nämlich sonst noch kenne, sind etwas handfest. Ich glaube, das ist nichts für Sie.» «Warum glauben Sie das?» «Das sieht man doch so ungefähr –»

Sie blickte mich rasch an. «Wir können es ja mal versuchen.» «Gut.» Ich warf entschlossen mein ganzes Programm um. «Dann weiß ich was, wenn Sie nicht schreckhaft sind. Wir gehen zu Alfons.» «Alfons klingt schon sehr gut», erwiderte sie, «und schreckhaft bin ich heute Abend auch nicht.»

«Alfons ist ein Bierwirt», sagte ich, «ein guter Freund von Lenz.» Sie lachte. «Lenz hat wohl überall Freunde?»

Ich nickte. «Er findet sie auch leicht. Das haben Sie ja bei Binding gesehen.» «Ja, weiß Gott», erwiderte sie. «Das ging ja wie der Blitz.» Wir fuhren los.

 

vorstehende Backenknochen – âûäàþùèåñÿ ñêóëû (die Backe ùåêà + der Knochen – êîñòü)

aufkrempeln – çàñó÷èâàòü

das Mitglied – ÷ëåí /êàêîãî-ëèáî îáùåñòâà/

der Hammer – ìîëîò

heftig – êðåïêî

das Schweinerippchen – ñâèíàÿ îòáèâíàÿ (die Rippe – ðåáðî)

Die Schweinerippchen hatten es in sich. – Îòáèâíûå áûëè îòëè÷íûìè, ýòî áûëî íå÷òî.

das Sauerkraut – êèñëàÿ êàïóñòà

schlachten – ðåçàòü, çàáèâàòü (ñêîòèíó)

die Sau – ñâèíüÿ

widerstehen – ïðîòèâîñòîÿòü, óñòîÿòü

die Kaschémme – òðàêòèð, êàáàê /ãäå ñõîäÿòñÿ ïðåñòóïíèêè, èìåþùèé äóðíóþ ñëàâó/

erobern – ïîêîðèòü, îâëàäåòü

der Stammgast – çàâñåãäàòàé (der Stamm – ñòâîë; ïëåìÿ)

Prost! = Prosit! – Çà çäðàâèå! (âûïüåì, ÷îêíåìñÿ)

kippen – îïðîêèíóòü

nippen – ïðèãóáèòü

schlurfen – èäòè, øàðêàÿ

sich blamieren – îñðàìèòüñÿ

jemandem etwas zutrauen – ñ÷èòàòü êîãî-ëèáî ñïîñîáíûì íà ÷òî-ëèáî, îæèäàòü îò êîãî-ëèáî ÷òî-ëèáî

so ohne weiteres – áåçî âñÿêîãî

die Ziererei – æåìàíñòâî (sich zieren – æåìàíèòüñÿ)

in bezug auf – â îòíîøåíèè..., ÷òî êàñàåòñÿ...

der Kern – ÿäðî

das Gehalt – ñîäåðæàíèå

die Schwäche – ñëàáîñòü

kühn – cìåëî, îòâàæíî

befriedigt – óäîâëåòâîðåííûé

die Andacht – áëàãîãîâåíèå; ñîñðåäîòî÷åííîå âíèìàíèå

das Rehkitz – äåòåíûø êîñóëè (das Reh – êîñóëÿ)

die Schlägerei – äðàêà (sich schlagen)

die Versöhnung – ïðèìèðåíèå (sich versöhnen)

jähzornig – âñïûëè÷èâûé (jäh – ðåçêèé, íåîæèäàííûé + der Zorn – ãíåâ, ÿðîñòü)

die Nadel – èãëà

lauschen – ñëóøàòü, ïðèñëóøèâàòüñÿ

 

Alfons war ein schwerer, ruhiger Mann. Vorstehende Backenknochen. Kleine Augen. Aufgekrempelte Hemdsärmel. Arme wie ein Gorilla. Er warf jeden, der ihm in seiner Kneipe nicht passte, selbst 'raus. Auch die Mitglieder des Sportvereins Heimattreue. Für sehr schwierige Gäste hatte er einen Hammer unter der Theke bereit. Das Lokal lag praktisch; dicht beim Krankenhaus. Alfons sparte so die Transportkosten.

Er wischte mit der behaarten Tatze über die helle Tischplatte aus Tannenholz. «Bier?» fragte er.

«Korn und was zu essen», sagte ich.

«Und die Dame?» fragte Alfons.

«Die Dame will auch einen Korn», sagte Patrice Hollmann.

«Heftig, heftig», meinte Alfons. «Es gibt Schweinerippchen mit Sauerkraut.»

«Selbstgeschlachtet?» fragte ich.

«Klar.»

«Aber die Dame möchte sicher etwas Leichteres essen.»

«Kann nicht ihr Ernst sein», meinte Alfons. «Schauen Sie sich erst mal die Rippchen an.»

Er ließ den Kellner eine Portion zeigen. « War eine wunderbare Sau», sagte er.

«Prämiiert. Zwei erste Preise.»

«Da kann natürlich niemand widerstehen», erwiderte Patrice Hollmann zu meinem Erstaunen mit einer Sicherheit, als verkehre sie schon Jahre in der Kaschemme hier.

Alfons zwinkerte. «Also zwei Portionen?»

Sie nickte.

«Schön! Werde mal selbst aussuchen.»

Er ging in die Küche. «Ich nehme meine Zweifel wegen des Lokals zurück», sagte ich. «Sie haben Alfons im Sturm erobert. Selbst aussuchen, das macht er sonst nur bei Stammgästen.»

Alfons kam zurück. «Habe euch noch eine frische Wurst 'reingegeben.» «Keine schlechte Idee», sagte ich.

Alfons sah uns wohlwollend an. Der Korn kam. Drei Gläser. Eins für Alfons mit. «Na, denn Prost», sagte er. «Auf dass unsere Kinder reiche Eltern kriegen.» Wir kippten die Gläser. Das Mädchen nippte nicht, es kippte auch. «Heftig, heftig», sagte Alfons und schlurfte zur Theke zurück. «Schmeckt Ihnen der Korn?» fragte ich.

Sie schüttelte sich. «Etwas kräftig. Aber ich kann mich doch vor Alfons nicht blamieren.»

Die Schweinerippchen hatten es in sich. Ich aß zwei große Portionen, und auch Patrice Hollmann aß bedeutend mehr, als ich ihr zugetraut hatte. Ich fand es großartig, dass sie so gut mitmachte und sich so ohne weiteres in das Lokal fand. Sie trank auch ohne Ziererei noch einen zweiten Korn mit Alfons.

Der zwinkerte mir heimlich zu, er fände die Sache richtig. Und Alfons war ein Kenner. Nicht gerade in bezug auf Schönheit und Kultur – wohl aber in bezug auf Kern und Gehalt.

«Wenn Sie Glück haben, lernen Sie Alfons in seiner menschlichen Schwäche kennen», sagte ich.

«Das möchte ich mal», erwiderte sie. «Er sieht aus, als hätte er keine.» «Doch!» Ich zeigte auf einen Tisch neben der Theke. «Da –» «Was? Das Grammophon?»

«Nicht das Grammophon. Chorgesang! Alfons hat eine Schwäche für Chorgesang. Keine Tänze, keine klassische Musik – nur Chöre: Männerchöre, gemischte Chöre –, alles, was da an Platten liegt, sind Chöre. Da sehen Sie, er kommt.» «Geschmeckt?» fragte Alfons. «Wie bei Muttern», erwiderte ich. «Die Dame auch?»

«Die besten Schweinerippchen meines Lebens», erklärte die Dame kühn. Alfons nickte befriedigt. «Spiele euch jetzt mal meine neue Platte vor. Werdet staunen.»

Er ging zum Grammophon. Die Nadel kratzte, und machtvoll erhob sich ein Männerchor, der mit gewaltigen Stimmen das «Schweigen im Walde» sang. Es war ein verflucht lautes Schweigen.

Vom ersten Takt an wurde alles im Lokal still. Alfons konnte gefährlich werden, wenn jemand keine Andacht zeigte. Er stand an der Theke, die haarigen Arme aufgestützt. Sein Gesicht veränderte sich unter der Macht der Musik. Es wurde träumerisch – so träumerisch, wie eben ein Gorilla werden kann. Chorgesang hatte eine unbeschreibliche Gewalt über ihn. Er wurde dabei sanft wie ein Rehkitz. Er konnte mitten in einer Schlägerei sein – wenn ein Männerchor ertönte, ließ er, wie von einem Zauberschlag getroffen, los, horchte und war bereit zur Versöhnung. Früher, als er noch jähzorniger war, hatte seine Frau immer Platten spielfertig liegen, die er besonders liebte. Wenn es dann gefährlich wurde und er schon mit dem Hammer hinter der Theke hervorkam, setzte sie rasch die Nadel an – und Alfons ließ den Hammer sinken, lauschte und wurde ruhig. Inzwischen war das nicht mehr so nötig – die Frau war tot, ihr Bild, ein Geschenk Ferdinand Graus, der dafür hier Freitisch hatte, hing über der Theke –, und auch Alfons war älter und kälter geworden. Die Platte lief aus. Alfons kam heran. «Wunderbar», sagte ich.

«Besonders der erste Tenor», ergänzte Patrice Hollmann. «Richtig», meinte Alfons und wurde zum erstenmal lebhafter, «Sie verstehen was davon! Der erste Tenor ist ganz große Klasse.» Wir verabschiedeten uns von ihm. «Grüßt Gottfried», sagte er. «Soll sich mal wieder sehen lassen.»

 

das Ästegewirr – ñïëåòåíèå âåòâåé (der Ast – âåòêà; wirr – ñïóòàííûé)

flackern – ìåðöàòü

spreizen – ðàññòàâëÿòü, ðàñòîïûðèâàòü (íàïðèìåð, ïàëüöû ðóêè)

die ungeheure Sehnsucht – îãðîìíàÿ = ñèëüíåéøàÿ òîñêà, ñòðàñòíîå æåëàíèå

die Vorsicht – îñòîðîæíîñòü; ïðåäóñìîòðèòåëüíîñòü

die Decke – ïîêðûâàëî; îäåÿëî

der Aufruhr – âçáóäîðàæåííîñòü, âçâîëíîâàííîñòü (aufrühren – ðàçìåøèâàòü, ìóòèòü /âîäó/; âîëíîâàòü, áóäîðàæèòü)

anrühren – òðîãàòü, ïðèêàñàòüñÿ; òðîãàòü, âîëíîâàòü

Wir standen auf der Straße. Die Laternen vor dem Hause warfen unruhige Lichter und Schatten nach oben in das Ästegewirr eines alten Baumes. Die Zweige hatten schon einen leichten grünen Schimmer, und durch das flackernde, undeutliche Licht von unten erschien der Baum viel mächtiger und höher; er sah aus, als verlöre sich die Krone in der Dämmerung darüber – wie eine riesige, gespreizte Hand, die in einer ungeheuren Sehnsucht nach dem Himmel griff.

Patrice Hollmann schauerte ein wenig.

«Ist Ihnen kalt?» fragte ich.

Sie zog die Schultern hoch und steckte die Hände in die Ärmel ihrer Pelzjacke. «Nur einen Augenblick. Es war drinnen ziemlich warm.» –»Sie sind zu leicht angezogen», sagte ich. «Es ist abends noch kalt.»

Sie schüttelte den Kopf. «Ich trage nicht gern schwere Sachen. Und ich möchte, dass es endlich einmal warm wird. Ich mag keine Kälte. Wenigstens nicht in der Stadt.»

«Im Cadillac ist es warm», sagte ich. «Zur Vorsicht habe ich auch eine Decke mitgebracht.»

Ich half ihr in den Wagen und legte ihr die Decke über die Knie. Sie zog sie höher hinauf. «Herrlich! So ist es wunderbar. Kälte macht traurig.»

«Nicht nur Kälte.» Ich setzte mich ans Steuer. «Wollen wir jetzt etwas spazieren fahren?»

Sie nickte. «Gern.»

«Wohin?»

«Einfach so langsam durch die Straßen. Ganz gleich, wohin.»

«Gut.»

Ich ließ den Motor an, und wir fuhren langsam und planlos durch die Stadt. Es war die Zeit, wo der Abendverkehr am stärksten ist. Wir glitten fast unhörbar hindurch, so leise summte die Maschine. Es war, als sei der Wagen ein Schiff, das lautlos über die bunten Kanäle des Lebens trieb. Die Straßen wehten vorüber, die hellen Portale, die Lichter, die Laternenreihen, der süße, weiche, abendliche Aufruhr des Daseins, das sanfte Fieber der erleuchteten Nacht, und über allem, zwischen den Dächerrändern, der eisengraue, große Himmel, gegen den die Stadt ihr Licht warf.

Das Mädchen saß schweigend neben mir; Helligkeit und Schatten glitten durch das Fenster über ihr Gesicht. Ich sah manchmal zu ihr hinüber; sie erinnerte mich jetzt wieder an den Abend, wo ich sie zum erstenmal gesehen hatte. Ihr Gesicht war ernster geworden, es erschien fremder als vorher, aber sehr schön – es war das Gesicht, das mich damals angerührt und nicht losgelassen hatte. Mir schien, als wäre etwas von dem Geheimnis der Stille darin, das die Dinge haben, die der Natur nahe sind – Bäume, Wolken, Tiere – und manchmal eine Frau.

 

der Vorort – ïðèãîðîä

vorübergleiten – ïðîñêàëüçûâàòü ìèìî

wach – áîäðñòâóþùèé

das Streichholz – ñïè÷êà

albern – ãëóïî

die Mahnung – ïðåäîñòåðåæåíèå (mahnen)

etwas in den Wind schlagen – ïîõåðèòü ÷òî-ëèáî, íå ïðèäàòü ÷åìó-ëèáî /âàæíîìó/ çíà÷åíèÿ

aufgeregt – âîçáóæäåííûé, âçâîëíîâàííûé (sich aufregen – âîëíîâàòüñÿ; regen – øåâåëèòü)

schalten – ïåðåêëþ÷àòü

kuppeln – âûæèìàòü ñöåïëåíèå (die Kuppelung)

schleichen (-schlich-geschlichen) – êðàñòüñÿ

das Steuerrad – ðóëü

krampfhaft – ñóäîðîæíî (der Krampf – ñóäîðîãà)

angespannt – íàïðÿæåííî

die lange Strecke – äëèííîå ðàññòîÿíèå

überwinden (-überwand-überwunden) – ïðåîäîëåòü

torkeln – øàòàòüñÿ, íåòâåðäî äåðæàòüñÿ íà íîãàõ

verdächtig – ïîäîçðèòåëüíî (der Verdacht – ïîäîçðåíèå)

die Bordschwelle – áîðäþð (die Schwelle – ïîðîã)

allmählich – ïîñòåïåííî

erwischen – ïîéìàòü, çàñòóêàòü

der Führerschein – âîäèòåëüñêèå ïðàâà

das Gefängnis – òþðüìà (fangen – ëîâèòü)

Um Gottes willen! – ðàäè Áîãà! Áîæå ìîé!

die Bremse – òîðìîç

das Mittel – ñðåäñòâî

das Gesetz – çàêîí

die Frechheit – íàãëîñòü, íàõàëüñòâî

der feuerspeiende Drache – èçðûãàþùèé ïëàìÿ äðàêîí

anfahren – íàåõàòü, ñáèòü /ìàøèíîé/

prachtvoll – âåëèêîëåïíûé, ðîñêîøíûé (die Pracht – ðîñêîøü)

den Motor abwürgen – çàãëóøèòü ìîòîð (würgen – äóøèòü)

eifrig – ñòàðàòåëüíî (der Eifer – ðâåíèå, ïðèëåæàíèå)

vertraut – áëèçêî çíàêîìûé, èíòèìíûé

 

Wir kamen in die ruhigen Straßen der Vororte. Der Wind wurde stärker. Er schien die Nacht vor sich her zu treiben. An einem großen Platz, um den rundherum kleine Häuser in kleinen Gärten schliefen, hielt ich den Wagen an.

Patrice Hollmann machte eine Bewegung, als erwache sie.

«Schön ist das», sagte sie nach einer Weile. «Wenn ich einen Wagen hätte, würde ich jeden Abend so langsam herumfahren. Es hat etwas Unwirkliches, so lautlos überall vorüberzugleiten. Man ist wach und träumt zur selben Zeit. Ich kann mir denken, dass man keine Menschen mehr brauchte, abends –»

Ich zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche. «Abends braucht man welche, was?»

Sie nickte. «Abends schon. Das ist eine sonderbare Sache, wenn es dunkel wird.»

Ich riss das Päckchen auf. «Es sind amerikanische Zigaretten. Mögen Sie die?»

«Ja. Lieber als andere sogar.»

Ich gab ihr Feuer. Einen Augenblick beleuchtete das warme, nahe Licht des Streichholzes ihr Gesicht und meine Hände, und ich hatte plötzlich den verrückten Gedanken, als gehörten wir seit langem zusammen. Ich drehte das Fenster herunter, damit der Rauch abziehen konnte.

«Wollen Sie jetzt etwas fahren?» fragte ich. «Es macht Ihnen doch sicher Spaß.»

Sie wendete sich mir zu. «Ich möchte schon; aber ich kann es nicht.»

«Wirklich nicht?»

«Nein. Ich habe es nie gelernt.»

Ich sah meine Chance. «Das hätte Binding Ihnen doch längst zeigen können», sagte ich.

Sie lachte. «Binding ist viel zu verliebt in seinen Wagen. Der lässt niemand heran.»

«Das ist ja albern», erklärte ich, vergnügt, dem Dicken eins auswischen zu können. «Ich lasse Sie ohne weiteres fahren. Kommen Sie.»

Ich schlug alle Mahnungen Kösters in den Wind und stieg aus, um sie ans Steuer zu lassen. Sie wurde aufgeregt. «Aber ich kann wirklich nicht fahren.»

«Doch», erwiderte ich. «Sie können es. Sie wissen es nur noch nicht.» Ich zeigte ihr, wie man schaltet und kuppelt. «So», sagte ich dann, «und nun mal los!» «Einen Moment!» Sie zeigte auf einen Omnibus, der einsam die Straße entlang schlich. «Wollen wir den nicht erst vorbeilassen?»

«Auf keinen Fall!» Ich schaltete rasch und ließ die Kupplung ein. Sie hielt das Steuerrad krampfhaft fest und sah angespannt über die Straße. «Mein Gott, wir fahren ja viel zu schnell!»

Ich blickte auf den Tachometer. «Sie fahren jetzt genau fünfundzwanzig Kilometer. Das sind in Wirklichkeit zwanzig. Gutes Tempo für einen Langstreckenläufer.» «Mir kommt's vor wie achtzig.»

Nach ein paar Minuten war die erste Angst überwunden. Wir fuhren eine breite, gerade Straße hinunter. Der Cadillac torkelte ein bisschen hin und her, als ob er statt Benzin Kognak im Tank hätte, und manchmal streifte er verdächtig nahe die Bordschwelle – aber allmählich ging es ganz gut, und es wurde so, wie ich es mir gedacht hatte: Ich bekam Übergewicht, weil wir plötzlich Lehrer und Schüler geworden waren, und das nutzte ich aus.

«Achtung», sagte Ich, «drüben steht ein Polizist!» «Soll ich anhalten?» «Dazu ist es jetzt zu spät.»

«Und was passiert, wenn er mich erwischt? Ich habe doch keinen Führerschein.» «Dann kommen wir beide ins Gefängnis.»

«Um Gottes willen!» Sie suchte erschreckt mit dem Fuß die Bremse. «Gas!» rief ich. «Gas! Feste drauftreten! Wir müssen stolz und schnell vorbei. Das beste Mittel gegen das Gesetz ist Frechheit.» Der Polizist beachtete uns gar nicht. Das Mädchen atmete auf. «Ich wusste bis jetzt noch gar nicht, dass Verkehrspolizisten aussehen können wie feuerspeiende Drachen», sagte sie, als wir ihn ein paar hundert Meter hinter uns hatten. «Das tun sie erst, wenn man sie anfährt.» Ich zog langsam die Bremse. «So, hier haben wir eine prachtvolle, leere Seitenstraße. Hier wollen wir nun mal richtig üben. Zunächst das Anfahren und das Halten.»

Patrice Hollmann würgte ein paarmal den Motor ab. Sie knöpfte ihre Pelzjacke auf. «Mir wird warm dabei! Aber ich muss es lernen!»

Sie saß eifrig und aufmerksam am Steuer und beobachtete, was ich ihr vormachte. Dann fuhr sie mit aufgeregten kleinen Ausrufen ihre ersten Kurven und hatte vor entgegenkommenden Scheinwerfern Angst wie vor dem Teufel, und ebenso viel Stolz, wenn sie glücklich passiert waren. Bald entstand in dem kleinen, vom Licht des Schaltbretts halb erhellten Raum ein Gefühl von Kameradschaft, wie es sich rasch bei technischen und sachlichen Dingen einstellt – und als wir nach einer halben Stunde die Plätze wechselten und ich zurückfuhr, waren wir vertrauter miteinander geworden, als wenn wir uns gegenseitig unsere ganze Lebensgeschichte erzählt hätten.

 

verblichen – âûöâåòøèé (verbleichen-verblich-verblichen; bleich – áëåäíûé)

der Ölfleck – ìàñëÿíîå ïÿòíî

redlich – ÷åñòíî

das Segelschiff – ïàðóñíèê (das Segel – ïàðóñ)

der Alárm – òðåâîãà, ñèãíàë òðåâîãè

neulich – íåäàâíî, äàâå÷à

verblüfft – ïîðàæåííûé, ñáèòûé ñ òîëêó

So was! – Íó íàäî æå!

der Vorwurf – óïðåê (jemandem etwas vorwerfen – óïðåêàòü êîãî-ëèáî â ÷åì-ëèáî)

zufällig – ñëó÷àéíî (der Zufall – ñëó÷àé)

das Stroh – ñîëîìà

meine Lüge von vorhin – ìîÿ ïðåæíÿÿ (äî ýòîãî) ëîæü

hervorragend – âûäàþùèéñÿ (ragen – âîçâûøàòüñÿ)

lernbegierig – æàäíûé äî çíàíèé, ñòðåìÿùèéñÿ ê çíàíèÿì (begehren – æåëàòü, æàæäàòü)

das Spiegelei – ÿè÷íèöà

der Unterkiefer – íèæíÿÿ ÷åëþñòü

vom Fleck weg engagieren – ñðàçó, ñõîäó íàíÿòü íà ðàáîòó (der Fleck – ïÿòíî; /çäåñü/ ìåñòî)

ein schiffbrüchiger Matrose – ïîòåðïåøèé êîðàáëåêðóøåíèå ìàòðîñ

brüllen – ðû÷àòü

 

In der Nähe der Nikolaistraße hielt ich den Wagen wieder an. Wir standen gerade unter einer roten Kinoreklame. Der Asphalt schimmerte matt darunter wie verblichener Purpur. An der Bordschwelle glänzte ein großer schwarzer Ölfleck. «So», sagte ich, «jetzt haben wir uns redlich ein Glas zu trinken verdient. Wo wollen wir das tun?»

Patrice Hollmann überlegte einen Augenblick. «Gehen wir doch wieder in die hübsche Bar mit Segelschiffen», schlug sie dann vor.

Ich war im Augenblick in höchstem Alarm. In der Bar saß jetzt todsicher der letzte Romantiker. Ich sah schon sein Gesicht – «Ach», sagte ich rasch, «das ist doch nichts Besonderes. Es gibt viel nettere Lokale –» «Ich weiß nicht – ich fand es sehr hübsch neulich.» «Tatsächlich?» fragte ich verblüfft. «Sie fanden es neulich hübsch?» «Ja», erwiderte sie lachend. «Sehr sogar –»

So was! dachte ich, und deshalb habe ich mir Vorwürfe gemacht! «Ich glaube aber, es ist um diese Zeit sehr voll da», versuchte ich noch einmal. «Wir können es uns ja mal ansehen.» «Ja, das können wir.» Ich überlegte, was ich machen sollte.

Als wir ankamen, stieg ich rasch aus. «Ich schaue schnell mal nach. Bin gleich wieder da.»

Es war kein Bekannter da, außer Valentin. «Sag mal», fragte ich, «war Gottfried schon hier?»

Valentin nickte. «Mit Otto. Sind vor 'ner halben Stunde weggegangen.» «Schade», sagte ich aufatmend. «Hätte sie gern getroffen.» Ich ging zum Wagen zurück. «Wir können es riskieren», erklärte ich. «Zufällig ist es nicht so schlimm heute.» Zur Vorsicht jedoch parkte ich den Cadillac um die nächste Ecke im tiefsten Schatten.

Aber wir saßen noch keine zehn Minuten, als der strohblonde Kopf von Lenz an der Theke erschien. Verflucht, dachte ich, jetzt ist's passiert! Ein paar Wochen später wär's mir lieber gewesen.

Gottfried schien nicht bleiben zu wollen. Schon glaubte ich gerettet zu sein, da sah ich, dass Valentin ihn auf mich aufmerksam machte. Das hatte ich für meine Lüge von vorhin. Gottfrieds Gesicht, als er uns erblickte, wäre eine hervorragende Studie für einen lernbegierigen Filmschauspieler gewesen. Die Augen traten ihm heraus wie Spiegeleier, und ich hatte Sorge, dass ihm der Unterkiefer wegfiel. Es war schade, dass kein Regisseur in diesem Augenblick in der Bar saß; ich wäre sicher gewesen, dass er Lenz vom Fleck weg engagiert hätte. Für Rollen zum Beispiel, wo vor einem schiffbrüchigen Matrosen plötzlich die Seeschlange mit Gebrüll auftaucht.

sich in Gewalt haben – âëàäåòü ñîáîé (die Gewalt – ñèëà, âëàñòü)

bevorstehen – ïðåäñòîÿòü

angreifen (- griff an – agegriffen) – àòàêîâàòü

mit einem Wimperzucken – äðîãíóâ ðåñíèöåé (die Wimper)

verraten – ïðåäàòü; âûäàòü

wiederhauen – äàòü ñäà÷è: «òðåñíóòü â îòâåò» (hauen – áèòü, ðóáèòü)

das Schienbein – ãîëåíü

schmunzeln – óõìûëÿòüñÿ

überrumpeln – íàïàñòü, çàõâàòèòü âðàñïëîõ

glänzend aufgelegt sein – áûòü â ÷óäåñíîì íàñòðîåíèè

jemanden abholen – çàéòè çà êåì-ëèáî

der Rummelplatz – ìåñòî íàðîäíîãî ãóëÿíèÿ (ñ àòòðàêöèîíàìè) der Rummel – ñóìàòîõà; ÿðìàðêà; òîëêó÷êà, àæèîòàæ

aufbrechen – îòïðàâèòüñÿ â ïóòü

 

Gottfried hatte sich rasch wieder in der Gewalt. Ich warf ihm einen beschwörenden Blick zu, zu verschwinden. Er beantwortete ihn mit einem niederträchtigen Grinsen, zog sichnden Rock glatt und kam heran.

Ich wusste, was mir bevorstand, und griff sofort an. «Hast du Fräulein Bomblatt schon nach Hause gebracht?» fragte ich, um ihn gleich zu neutralisieren.

«Ja», erwiderte er, ohne mit einem Wimperzucken zu verraten, dass er bis vor einer Sekunde von Fräulein Bomblatt nichts gewusst hatte. «Sie lässt dich grüßen, und du möchtest sie morgen früh gleich anrufen.»

Das war ganz gut wiedergehauen. Ich nickte. «Werde ich machen. Hoffe doch, dass sie den Wagen kaufen wird.»

Lenz öffnete aufs neue den Mund. Ich trat ihn gegen das Schienbein und sah ihn mit einem derartigen Blick an, dass er schmunzelnd aufhörte.

Wir tranken ein paar Glas. Ich nur Sidecars, mit viel Zitrone. Ich wollte nicht wieder von mir selbst überrumpelt werden.

Gottfried war glänzend aufgelegt. «Ich war eben bei dir», sagte er. «Wollte dich abholen. Hinterher war ich auf dem Rummelplatz. Da ist ein großartiges neues Karussell. Wollen wir mal hin?» Er sah Patrice Hollmann an.

«Sofort!» erwiderte sie. «Ich liebe Karussells über alles!»

«Dann wollen wir gleich aufbrechen», sagte ich. Ich war froh, dass wir 'rauskamen. Im Freien war die Sache einfacher.

die Drehorgel – øàðìàíêà

brummen – ðåâåòü, áóð÷àòü, áîðìîòàòü

die zerschlissene Samtdecke – âåòõîå áàðõaòíîå ïîêðûâàëî (zerschleißen – èçíîñèòüñÿ, îáâåòøàòü; der Samt – áàðõàò)

das Porzellán – ôàðôîð

der Kitt – çàìàçêà; áàðàõëî

der Wahrsager – ïðåäñêàçàòåëü

der Sterndeuter – çâåçäî÷åò

der Pfefferkuchen – ïðÿíèê

das Zelt – ïàëàòêà

die Schaukel – êà÷åëè (schaukeln – êà÷àòüñÿ)

brausen – áóøåâàòü, øóìåòü

sich stürzen – áðîñèòüñÿ

Los! – Âïåðåä! Äàâàé!

die Berg-und-Tal-Bahn – «àìåðèêàíñêèå» ãîðêè (das Tal – äîëèíà)

die Posaune – òðîìáîí

schmettern – øâûðÿòü; îãëóøèòåëüíî çâó÷àòü

schwenken – ðàçìàõèâàòü (ïî êðóãó), êðóæèòü

der Schwan – ëåáåäü

sausen – ì÷àòüñÿ

schwanken – êà÷àòüñÿ

die Trommel – áàðàáàí

wirbeln – âåðòåòü; áûñòðî âûáèâàòü äðîáü

jagen – ãíàòü; ì÷àòüñÿ

empfangen – ïðèíèìàòü

 

Drehorgelmänner – äußerste Vorposten des Rummelplatzes. Melancholisch süßes Gebrumm. Auf den zerschlissenen Samtdecken der Orgeln manchmal ein Papagei oder ein frierender, kleiner Affe in einer roten Tuchjacke. Dann die scharfen Stimmen der Verkäufer von Porzellankitt, Glasschneidern, türkischem Honig, Luftballons und Anzugsstoffen. Das kalte blaue Licht und der Geruch der Karbidlampen. Die Wahrsager, die Sterndeuter, die Pfefferkuchenzelte, die Schiffsschaukeln, die Buden mit den Attraktionen – und endlich, brausend von Musik, bunt, glanzvoll, erleuchtet wie Paläste, die kreisenden Türme der Karussells.

«Los Kinder!» Lenz stürzte sich mit wehenden Haaren auf die Berg-und-Tal-Bahn. Sie hatte das größte Orchester. Bei jeder Runde traten sechs Posaunenbläser aus vergoldeten Nischen, drehten sich nach allen Seiten, schmetterten, schwenkten die Instrumente und traten zurück. Es war glorios.

Wir setzten uns in einen großen Schwan und sausten auf und ab. Die Welt glitzerte und glitt, sie schwankte und fiel in einen schwarzen Tunnel zurück, den wir mit Trommelwirbeln durchjagten, um gleich darauf wieder von Glanz und Posaunen empfangen zu werden.

 

entern – áðàòü íà àáîðäàæ; âçîáðàòüñÿ, âñêàðàáêàòüñÿ

das Teufelsrad – ÷åðòîâî êîëåñî

die Scheibe – äèñê, êðóã

sich behaupten – óäåðæàòüñÿ

steppen – îòáèâàòü ÷å÷åòêó

ein Rasender – áåñíóþùèéñÿ, ñóìàñøåäøèé (rasen – íåèñòîâñòâîâàòü, áóéñòâîâàòü)

der Hintern – çàä, çàäíèöà

das Sechstalerpferd – ëîìîâàÿ ëîøàäü

schlau – õèòðûé

fegen – ìåñòè; áûñòðî ïðîíîñèòüñÿ

ereilen – íàñòèãàòü

das Schicksal – ñóäüáà

taumeln – çàêà÷àâøèñü, óïàñòü

umschlingen (-umschlang-umschlungen) – îáíÿòü, îáõâàòèòü

ohne weiteres – çàïðîñòî, áåçî âñÿêîãî

verschämt – ïðèñòûæåííî, ñìóùåííî

bewirten – óãîùàòü

der Schuhplattler – áàâàðñêèé íàðîäíûé òàíåö /ñ ïðèõëîïûâàíèåì è ïðèòîïûâàíèåì/

«Weiter!» Gottfried steuerte auf ein fliegendes Karussell mit Luftschiffen und Aeroplanen zu. Wir enterten einen Zeppelin und machten auf ihm drei Runden. Etwas atemlos standen wir wieder unten. «Und jetzt zum Teufelsrad!» erklärte Lenz. Das Teufelsrad war eine große, glatte, in der Mitte etwas erhöhte Scheibe, die sich immer rascher drehte und auf der man sich behaupten musste. Gottfried bestieg sie mit etwa zwanzig Personen. Er steppte wie ein Rasender und erhielt Sonderapplaus. Zum Schluss war er allein mit einer Köchin, die einen Hintern wie ein Sechstalerpferd hatte. Die schlaue Person setzte sich, als die Sache schwierig wurde, einfach mitten auf die Scheibe, und Gottfried fegte, dicht vor ihr steppend, herum. Die andern waren schon alle heruntergewirbelt. Schließlich ereilte das Schicksal auch den letzten Romantiker; er taumelte in die Arme der Köchin und rollte, umschlungen von ihr, zur Seite. Als er wieder zu uns stieß, führte er die Köchin am Arm. Er nannte sie ohne weiteres Lina. Lina lächelte verschämt. Er fragte, womit er sie bewirten dürfe. Lina erklärte, dass Bier gut gegen Durst sei. Die beiden verschwanden in einem Schuhplattlerzelt.

 

die Überraschung – ñþðïðèç

wackeln – øàòàòüñÿ, êà÷àòüñÿ

tasten – íàùóïûâàòü, õâàòàòüñÿ

die Fratze – ãðèìàñà, ðîæà

das Gespenst – ïðèâèäåíèå

heulen – âûòü

jäh – ðåçêî, âíåçàïíî

zurückfahren – îòøàòíóòüñÿ

der Pfirsich – ïåðñèê

der Geruch – çàïàõ (riechen – ïàõíóòü)

vermeiden (-vermied-vermieden) – èçáåãàòü

der Schmied – êóçíåö

Mein Beileid – ñî÷óâñòâóþ: «ìîå ñîáîëåçíîâàíèå»

 

«Und wir? Wohin gehen wir jetzt?» fragte Patrice Hollmann mit glänzenden Augen. «Ins Geisterlabyrinth», sagte ich und zeigte auf eine große Bude. Das Labyrinth war ein Weg voller Überraschungen. Nach ein paar Schritten wackelte der Boden, Hände tasteten im Dunkel nach einem, Fratzen sprangen aus den Ecken, Gespenster heulten – wir lachten, aber einmal fuhr das Mädchen vor einem grün beleuchteten Totenkopf jäh zurück. Einen Augenblick lag sie in meinem Arm, ihr Atem streifte mein Gesicht, ich fühlte ihr Haar an meinem Mund – gleich darauf lachte sie wieder, und ich ließ sie los.

Ich ließ sie los; aber etwas in mir ließ sie nicht los. Als wir längst draußen waren, fühlte ich immer noch ihre Schulter in meinem Arm, spürte das weiche Haar, den schwachen Pfirsichgeruch ihrer Haut –.Ich vermied, sie anzusehen. Sie war plötzlich anders geworden für mich.

Lenz wartete schon auf uns. Er war allein. «Wo ist Lina?» fragte ich. «Säuft», erwiderte er und deutete mit dem Kopf auf das bäurische Zelt. «Mit einem Schmied.» «Mein Beileid», sagte ich.

 

der Hartgummiring – êîëüöî èç æåñòêîé ðåçèíû

der Haken – êðþê

der Nacken – çàòûëîê

die Aussteuer – ïðèäàíîå

schnappen – ñõâàòèòü (ðåçêèì äâèæåíèåì)

anlocken – ïðèâëåêàòü, çàâëåêàòü

erobern – çàâîåâàòü, çàâëàäåòü

die Bratpfanne – ñêîâîðîäêà

Nanu, so was von Schwein – íó è âåçåò æå

die Kompanie – ðîòà

das Ergebnis – ðåçóëüòàò

büßen – êàÿòüñÿ

Krach machen – óñòðàèâàòü ñêàíäàë

verlangen – òðåáîâàòü

trudeln – ìåäëåííî êàòèòüñÿ (der Ball trudelt); áðîäèòü, øàòàòüñÿ

ausplündern – ðàçãðàáèòü

vorbeiwerfen – ïðîìàõèâàòüñÿ

beifällig – îäîáðèòåëüíî (der Beifall – îäîáðåíèå)

 

«Unsinn», meinte Gottfried, «lass uns jetzt lieber zu ernster Mannesarbeit übergehen.» Wir gingen zu einer Bude, wo man Hartgummiringe auf Haken werfen musste und alles mögliche gewinnen konnte. «So», sagte Lenz zu Patrice Hollmann und schob seinen Hut in den Nacken, «jetzt werden wir Ihnen eine Aussteuer zusammenholen.» Er warf als erster und gewann eine Weckuhr. Ich folgte und schnappte einen Teddybären. Der Budenbesitzer übergab uns beides und machte viel Hallo davon, um weitere Kunden anzulocken. «Dir wird das Hallo schon vergehen», schmunzelte Gottfried und eroberte eine Bratpfanne. Ich einen zweiten Teddybären. «Nanu, so was von Schwein», sagte der Budenbesitzer nur und reichte uns die Sachen. Der Mann wusste nicht, was ihm bevorstand. Lenz war der beste Handgranatenwerfer der Kompanie gewesen, und im Winter, wenn wenig zu tun war, hatten wir monatelang geübt, unsere Hüte auf alle möglichen Haken zu werfen. Dagegen waren die Ringe hier ein Kinderspiel. Gottfried holte sich mühelos als nächstes eine kristallene Blumenvase. Ich ein halbes Dutzend Grammophonplatten. Der Budenbesitzer schob sie uns schweigend zu und prüfte dann seine Haken. Lenz zielte, warf und gewann ein Kaffeegeschirr, den zweiten Preis. Wir hatten jetzt schon einen Haufen Zuschauer. Ich warf drei Ringe ganz rasch auf denselben Haken. Ergebnis: die büßende heilige Magdalena im Goldrahmen.

Der Budenbesitzer zog ein Gesicht, als ob er beim Zahnarzt wäre, und weigerte sich, uns weiter werfen zu lassen. Wir wollten aufhören, aber die Zuschauer machten Krach. Sie verlangten von dem Mann, dass er uns weitertrudeln ließ. Sie wollten sehen, wie er ausgeplündert wurde. Am meisten Krach machte Lina, die plötzlich mit ihrem Schmied wieder da war. «Vorbeiwerfen dürfen die Leute, was?» krähte sie, «aber treffen nicht, wie?» Der Schmied brummte beifällig. «Schön», meinte Lenz, «jeder noch einen Wurf.»

 

die Waschschüssel – óìûâàëüíûé òàç

der Krug – êóâøèí

die Seifenschale – ìûëüíèöà

die Aufregung – âîëíåíèå, âîçáóæäåíèå

abprallen – îòñêî÷èòü /óäàðèâøèñü îáî ÷òî-ëèáî/

kapern – çàõâàòûâàòü /òîðãîâîå ñóäíî ïðîòèâíèêà/

das Spitzenkissen – ïîäóøêà ñ êðóæåâàìè

die Lunte – ôèòèëü

Lunte riechen – ÷óâñòâîâàòü îïàñíîñòü, ïîäâîõ

Radau machen – ñêàíäàëèòü, óñòðîèòü øóì

erstreiten (-erstritt-erstritten) – çàâîåâàòü /â áîðüáå/

abwehren – îòðàæàòü; îòêëîíÿòü

 

Ich warf als erster. Eine Waschschüssel mit Krug und Seifenschale. Dann kam Lenz. Er nahm fünf Ringe. Vier warf er rasch auf denselben Haken. Vor dem fünften machte er eine Kunstpause und zog eine Zigarette hervor. Drei Mann reichten ihm Feuer. Der Schmied klopfte ihm auf die Schulter. Lina fraß vor Aufregung ihr Taschentuch. Dann visierte Gottfried und warf ganz leicht, damit er nicht abprallte, den letzten Ring über die vier andern. Er blieb hängen. Donnerndes Gebrüll. Er hatte den Hauptgewinn gekapert –einen Kinderwagen mit rosa Decke und Spitzenkissen.

Der Budenbesitzer schob ihn fluchend heraus. Wir packten alles hinein und zogen zur nächsten Bude. Lina schob den Wagen. Der Schmied machte darüber solche Witze, dass ich vorzog, mit Patrice Hollmann ein Stück zurückzubleiben. Bei der nächsten Bude musste man Ringe über Weinflaschen werfen. Wenn der Ring richtig fiel, hatte man die Flasche gewonnen. Wir holten sechs Flaschen heraus, Lenz besah die Etiketten und schenkte sie dem Schmied.

Es gab noch eine Bude ähnlicher Art. Aber der Besitzer hatte Lunte gerochen und erklärte sie, als wir ankamen, für geschlossen. Der Schmied wollte Radau machen; er hatte gesehen, dass hier Bierflaschen erstritten werden konnten. Aber wir wehrten ab. Der Mann, der diese Bude besaß, hatte nur einen Arm.

 

kippen – îïðîêèíóòüñÿ, ïåðåâåðíóòüñÿ

behalten – îñòàâèòü (ó ñåáÿ)

die Preisverteilung – ðàçäà÷à íàãðàä, ïðèçîâ

stottern – çàïèíàòüñÿ

kleben – ëèïíóòü, ïðèëèïàòü

Ich schwärme für Kunst – ÿ óâëåêàþñü èñêóññòâîì

rührend – òðîãàòåëüíî

gierig – æàäíî, àë÷íî

kauen – æåâàòü; ãðûçòü (íîãòè)

Gnädiges Fräulein – ìèëîñòèâàÿ áàðûøíÿ

der Schluckauf – èêîòà

erledigt – /äåëî/ ñäåëàíî, óëàæåíî

der Kram – õëàì, áàðàõëî

die Pratze – /áîëüøàÿ/ ëàïà, ëàïèùå

verhauen – èçáèòü, îòäóáàñèòü

eventuell – ïðè ñëó÷àå = åñëè ïîòðåáóåòñÿ

verstört – ñáèòûé ñ òîëêó, ðàñòåðÿííûé

untersuchen – îáñëåäîâàòü

rasen – ì÷àòüñÿ

der Edelmut – áëàãîðîäñòâî

die Zärtlichkeit – íåæíîñòü

 

In großer Begleitung erschienen wir beim Cadillac. «Was nun?» fragte Lenz und kratzte sich den Schädel. «Am besten binden wir den Kinderwagen hinten an.»

«Natürlich», sagte ich. «Aber du musst 'rein und ihn steuern, damit er nicht kippt.»

Patrice Hollmann protestierte. Sie hatte Sorge, Lenz würde es tatsächlich machen.

«Schön», meinte Gottfried, «dann wollen wir mal sortieren. Die beiden Teddys behalten Sie unbedingt. Die Grammophonplatten auch. Die Bratpfanne?»

Das Mädchen schüttelte den Kopf. «Geht dann in den Besitz der Werkstatt über», erklärte Gottfried. «Nimm sie an dich, Robby, alter Meister des Spiegeleierbratens. Das Kaffeegeschirr?»

Das Mädchen nickte zu Lina hinüber. Die Köchin errötete. Gottfried überreichte ihr die Stücke wie bei einer Preisverteilung. Dann griff er die Steingutschale heraus. «Das Waschgeschirr hier? An den Herrn Nachbarn, nicht wahr? Kann's gut gebrauchen im Beruf. Die Weckuhr ebenfalls. Schmiede haben einen schweren Schlaf.»

Ich übergab Gottfried die Blumenvase. Er reichte sie Lina. Die wollte stotternd ablehnen. Ihre Augen klebten an der büßenden Magdalena. Sie glaubte, wenn sie die Vase nähme, bekäme der Schmied das Bild. «Ick schwärme for Kunst», brachte sie heraus. Rührend gierig stand sie da und kaute vor Aufregung an ihren roten Fingern.

«Gnädiges Fräulein», fragte Lenz mit großer Geste und drehte sich um, «was meinen Sie dazu?»

Patrice Hollmann nahm das Bild und gab es der Köchin. «Es ist ein sehr schönes Bild, Lina», sagte sie.

«Häng's über dein Bett und nimm's dir zu Herzen», ergänzte Lenz.

Lina griff zu. Das Wasser stand ihr in den Augen. Sie bekam einen mächtigen Schluckauf vor Dankbarkeit.

«Und nun du», sagte Lenz nachdenklich zu dem Kinderwagen. Linas Augen wurden trotz allen Magdalenenglückes schon wieder gierig. Der Schmied meinte, man könne nie wissen, wann man so was nötig hätte, und lachte darüber derartig, dass er eine Weinflasche fallen ließ. Aber Lenz wollte nicht. «Augenblick, hab' da vorhin was gesehen», sagte er und verschwand. Ein paar Minuten später holte er den Wagen und schob ihn davon.

«Erledigt», meinte er, als er allein wiederkam. Wir stiegen in den Cadillac. «Wie Weihnachten!» sagte Lina glücklich in all ihrem Kram und gab uns die rote Pratze zum Abschied.

Der Schmied nahm uns noch eine Sekunde beiseite. «Hört mal zu», sagte er, «wenn ihr mal jemand zu verhauen habt – ich wohne Leibnizstraße sechzehn, Hinterhof, zwei Treppen links. Eventuell, wenn's mehrere sind, komme ich auch mit meinem Verein..» «Gemacht», erwiderten wir und fuhren los.

Als wir um die Ecke des Rummelplatzes bogen, zeigte Gottfried aus dem Fenster. Da stand unser Kinderwagen, ein richtiges Kind drin und eine blasse, immer noch verstörte Frau daneben, die ihn untersuchte. «Gut, was?» meinte Gottfried.

«Bringen Sie ihr noch die Teddybären!» rief Patrice Hollmann. «Die gehören dazu.» «Einen vielleicht», sagte Lenz, «einen müssen Sie behalten.» «Nein, beide.»

«Gut.» Lenz sprang aus dem Wagen, warf die Plüschdinger der Frau in die Arme und raste, ehe sie etwas sagen konnte, davon, als würde er verfolgt. «So», sagte er aufatmend, «jetzt ist mir vor meinem eigenen Edelmut ganz schlecht geworden. Setzt mich am International ab. Ich muss unbedingt einen Kognak haben.» Er stieg aus, und ich brachte das Mädchen nach Hause. Es war anders als das letztemal. Sie stand in der Tür, und das Licht der Laterne überflackerte ihr Gesicht. Sie sah herrlich aus. Ich wäre gern mit ihr gegangen. «Gute Nacht», sagte ich, «schlafen Sie gut.» «Gute Nacht.»

Ich sah ihr nach, bis die Beleuchtung erlosch. Dann fuhr ich mit dem Cadillac los. Ich fühlte mich merkwürdig. Es war nicht wie sonst, wenn man mal abends auf ein Mädchen verrückt war. Es war viel mehr Zärtlichkeit dabei. Zärtlichkeit und der Wunsch, sich einmal ganz loslassen zu können. Fallen zu lassen, irgendwohin –

das Geschöpf – ñîçäàíèå, òâàðü

Schieß nur los – âûêëàäûâàé, äàâàé, ãîâîðè

der Dreck – ãðÿçü, ñîð

sich lohnen – îêóïàòüñÿ, áûòü ñòîÿùèì; èìåòü ñìûñë

der Kasten – ÿùèê

 

Ich fuhr zu Lenz ins International. Es war fast leer. In einer Ecke saß Fritzi mit ihrem Freund, dem Kellner Alois. Sie stritten miteinander. Gottfried saß mit Mimi und Wally auf dem Sofa neben der Theke. Er war reizend mit beiden, auch mit Mimi, dem armen alten Geschöpf.

Die Mädchen gingen bald. Sie mussten ins Geschäft; jetzt war die Hauptzeit. Mimi ächzte und seufzte wegen ihrer Krampfadern. Ich setzte mich neben Gottfried. «Schieß nur los», sagte ich.

«Wozu, Baby?» erwiderte er zu meinem Erstaunen. «Ist ganz richtig, was du machst.»

Ich war erleichtert, dass er es so einfach nahm. «Hätte ja schon vorher einen Ton redden können», sagte ich.

Er winkte ab. «Unsinn.»

Ich bestellte mir einen Rum. «Weißt du», sagte ich dann, «ich habe keine Ahnung, was sie ist und so. Auch nicht, wie sie zu dem Binding steht. Hat er dir damals eigentlich was gesagt?»

Er sah mich an. «Kümmert dich das was?»

«Nein.»

«Wollt' ich auch meinen. Der Mantel steht dir übrigens gut.»

Ich errötete.

«Brauchst nicht rot zu werden. Hast ganz Recht. Wollte, ich könnte es auch.»

Ich schwieg eine Weile. «Wieso, Gottfried?» fragte im schließlich.

Er sah mich an. «Weil alles andere Dreck ist, Robby. Weil es heute nichts gibt, was lohnt. Denk daran, was Ferdinand dir gestern erzählt hat. Hat gar nicht unrecht, der alte dicke Leichenpinseler. Na, nun komm, setz dich an den Kasten da und spiel ein paar von den alten Soldatenliedern.»

Ich spielte «Drei Lilien» und den «Argonnerwald». Es klang geisterhaft in dem leeren Lokal, wenn man daran dachte, wann wir es immer gesungen hatten.

 

schmeißen (-schmiss-geschmissen) – øâûðíóòü

der Schraubenzieher – îòâåðòêà (die Schraube – âèíò, áîëò)

der Engländer – ðàçâîäíîé ãàå÷íûé êëþ÷

Mensch, wenn das was würde! – Ïîñëóøàé, åñëè áû èç ýòîãî (÷òî-ëèáî õîðîøåå) âûøëî!

vernehmen – óñëûøàòü

auf jemanden hören – ñëóøàòüñÿ êîãî-ëèáî

Halt den Schnabel! – Çàòêíèñü! (der Schnabel – êëþâ)

äußerst – ñàìîå êðàéíåå, ñàìîå áîëüøåå

vom Preis nachlassen – ñáàâèòü öåíó, óñòóïèòü èç öåíû

wahnsinnig – áåçóìíûé (der Wahn – áåçóìèå, áðåä)

die Ewigkeit – âå÷íîñòü

blitzblank putzen – íàäðàèòü äî áëåñêà

verteidigen – îáîðîíÿòü

Meinetwegen. – Ëàäíî, ìíå âñå ðàâíî.

die Memme – òðóñ, òðÿïêà

spucken – ïëåâàòü

der Schlauch – øëàíã

 

Zwei Tage später kam Köster eilig aus der Bude. «Robby, dein Blumenthal hat telefoniert. Du sollst um elf mit dem Cadillac zu ihm kommen. Er will eine Probefahrt machen.»

Ich schmiss Schraubenzieher und Engländer hin. «Mensch, Otto – wenn das was würde!»

«Was habe ich euch gesagt», ließ Lenz sich aus der Grube unter dem Ford her vernehmen. «Er kommt wieder, habe ich gesagt. Immer auf Gottfried hören!»

«Halt den Schnabel, die Situation ist ernst», schrie ich hinunter. «Otto, wie viel kann ich äußerst vom Preis nachlassen?»

«Äußerst zweitausend. Alleräußerst zweitausendzweihundert. Wenn's gar nicht anders geht, zweifünf. Wenn du siehst, dass du einen Wahnsinnigen vor dir hast, zweisechs. Aber sag ihm, dass wir ihn dann in alle Ewigkeit verfluchen werden.» «Gut.»

Wir putzten den Wagen blitzblank. Ich stieg ein. Köster legte mir die Hand auf die Schulter. «Robby, bedenke, dass du als Soldat andere Sachen mitgemacht hast. Verteidige die Ehre unserer Werkstatt bis aufs Blut. Stirb stehend, die Hand an Blumenthals Brieftasche.» «Gemacht», grinste ich.

Lenz kramte eine Medaille aus der Tasche und hielt sie mir vors Gesicht. «Fass mein Amulett an, Robby!» «Meinetwegen.» Ich fasste zu.

«Abrakadabra, großer Schiwa», betete Gottfried, «segne diese Memme mit Mut und Stärke! Halt, hier, noch besser, nimm's mit! So, jetzt spuck noch dreimal aus.» «In Ordnung», sagte ich, spuckte ihm vor die Füße und fuhr los, vorbei an Jupp, der aufgeregt mit dem Benzinschlauch salutierte.

 

die Nelke – ãâîçäèêà

auf etwas spekulieren – ðàññ÷èòûâàòü, äåëàòü ñòàâêó

mürbe – ëîìêèé, ðûõëûé

jemanden mürbe machen – óëàìûâàòü, óãîâàðèâàòü

der Umsatz – îáîðîò

der Sozius – êîìïàíüîí

Also Hand aufs Herz – äàâàéòå áóäåì îòêðîâåííû

die Polsterung – îáèâêà

die Stoßstange – áàìïåð

Mir ist bange – ìíå òðåâîæíî

zerschmelzen (-zerschmolz-zerschmolzen) – ðàñòàÿòü

der Schaffner – êîíäóêòîð

etwas unter Dach und Fach kriegen – óëàäèòü, çàêîí÷èòü êàêîå-ëèáî äåëî

dann kauft er noch lange nicht – ýòî åùå âîâñå íå çíà÷èò, ÷òî îí êóïèò

schwören – êëÿñòüñÿ

streitbar – âîèíñòâåííûé

Unterwegs kaufte ich ein paar Nelken und dekorierte sie künstlerisch in den Kristallvasen des Wagens. Ich spekulierte damit auf Frau Blumenthal. Leider empfing mich Blumenthal in seinem Büro, nicht in der Wohnung. Ich musste eine Viertelstunde warten. Liebling, dachte ich, den Trick kenne ich, damit machst du mich nicht mürbe. Ich forschte im Vorzimmer eine hübsche Stenotypistin, die ich mit der Nelke aus meinem Knopfloch bestach, über das Geschäft aus. Trikotagen. Umsatz gut, neun Personen im Büro, ein stiller Sozius, schärfste Konkurrenz Meyer und Sohn, der Meyersohn fuhr roten Zweisitzer Essex – soweit war ich, als Blumenthal mich rufen ließ. Er schoss sofort mit Kanonen.

«Junger Mann», sagte er, «ich hab' nicht viel Zeit.

Neulich der Preis war ein Wunschtraum von Ihnen. Also Hand aufs Herz, was kostet der Wagen?»

«Siebentausend Mark», erwiderte ich.

Er wandte sich kurz ab. «Dann ist nichts zu machen.»

«Herr Blumenthal», sagte ich, «sehen Sie sich den Wagen noch einmal an –»

«Nicht nötig», unterbrach er mich, «ich habe ihn mir ja neulich genau angesehen –»

«Sehen und Sehen ist zweierlei», erklärte ich. «Sie sollen Details sehen. Die Lackierung erstklassig, von Voll und Ruhrbeck, Selbstkosten 250 Mark – die Bereifung neu, Katalogpreis 600 Mark, macht schon 850. Die Polsterung, feinster Cord –»

Er winkte ab. Ich begann von neuem. Ich forderte ihn auf, das luxuriöse Fahrzeug zu besichtigen, das herrliche Verdeckleder, den verchromten Kühler, die modernen Stoßstangen, sechzig Mark das Paar – wie ein Kind zur Mutter strebte ich zu dem Cadillac zurück und versuchte Blumenthal zu überreden, herunterzukommen. Ich wusste, dass mir, wie Antäus, neue Kräfte auf der Erde wachsen würden. Preise verlieren viel von ihrem abstrakten Schrecken, wenn man was dafür zeigen kann. Aber Blumenthal wusste ebenso, dass seine Stärke hinter seinem Schreibtisch lag. Er setzte seine Brille ab und ging mich jetzt erst richtig an. Wir kämpften wie ein Tiger mit einer Pythonschlange. Blumenthal war der Python. Ehe ich mich umsehen konnte, hatte er mir schon fünfzehnhundert Mark abgehandelt.

Mir wurde angst und bange. Ich griff in die Tasche und nahm Gottfrieds Amulett fest in die Hand. «Herr Blumenthal», sagte ich ziemlich erschöpft, «es ist ein Uhr, Sie müssen sicher zum Essen!» Ich wollte um alles in der Welt 'raus aus dieser Bude, in der die Preise wie Schnee zerschmolzen.

«Ich esse erst um zwei», erklärte Blumenthal ungerührt, «aber wissen Sie was? Wir können jetzt die Probefahrt machen.»

Ich atmete auf.

«Nachher reden wir dann weiter», fügte er hinzu. Ich atmete wieder ein. Wir fuhren zu seiner Wohnung. Zu meinem Erstaunen war er im Wagen plötzlich wie ausgewechselt. Gemütlich erzählte er mir den Witz vom Kaiser Franz Josef, den ich längst kannte. Ich versetzte ihm dafür den vom Straßenbahnschaffner; er mir den vom verirrten Sachsen; ich ihm sofort den vom schottischen Liebespaar – erst vor seiner Wohnung wurden wir wieder seriös. Er bat mich zu warten, er wolle seine Frau holen. «Mein lieber dicker Cadillac», sagte ich und klopfte dem Wagen auf den Kühler, «hinter dieser Witzeerzählerei steckt sicher wieder eine neue Teufelei. Aber sei nur ruhig, wir kriegen dich schon unter Dach und Fach. Er kauft dich schon – wenn ein Jude wiederkommt, dann kauft er. Wenn ein Christ wiederkommt, kauft er noch lange nicht. Er macht ein halbes Dutzend Probefahrten, um eine Droschke zu sparen, und dann fällt ihm plötzlich ein, dass er statt dessen eine Kücheneinrichtung braucht. Nein, nein, Juden sind gut, die wissen, was sie wollen. Aber ich schwöre dir, mein guter Dicker: Wenn ich diesem direkten Nachkommen des streitbaren Judas Makkabäus auch nur noch hundert Mark nachlasse, will ich mein ganzes Leben keinen Schnaps mehr trinken.»

Frau Blumenthal erschien. Ich erinnerte mich an alle Ratschläge von Lenz und verwandelte mich aus einem Kämpfer in einen Kavalier. Blumenthal hatte dafür nur ein niederträchtiges Lächeln. Der Mann war aus Eisen. Er hätte Lokomotiven verkaufen sollen, aber keine Trikotagen.

 

die Wohltat – áëàãîäåÿíèå; ïðèÿòíîå äåëî, áëàæåíñòâî

harmlos – áåçîáèäíûé

zugeben – ïðèçíàòü /ïðàâîòó/

die Steuer – íàëîã

bestrebt – ñòðåìÿñü, ñòàðàÿñü (streben – ñòðåìèòüñÿ)

aufrichtig – îòêðîâåííî, ïðÿìî

erfordern – òðåáîâàòü

flott – áûñòðûé, ëîâêèé, áîéêèé

behäbig – íåòîðîïëèâûé, ìåäëèòåëüíûé, ôëåãìàòè÷íûé

das Bürgertum – áóðæóàçèÿ

schäbig – ïîíîøåííûé, ïîòåðòûé

herumflitzen – ì÷àòüñÿ /òóäà-ñþäà/, ðàçúåçæàòü

sich zur Ruhe setzen – óéòè íà ïîêîé

das Vertrauen – äîâåðèå

dämpfen – ïðèãëóøàòü (der Dampf – ïàð)

grellrot – ÿðêî, âûçûâàþùå êðàñíûé (grell – ðåçêèé, ïðîíçèòåëüíûé)

auffällig – áðîñàþùèéñÿ â ãëàçà (auffallen)

der Schlitten – ñàíè; àâòîìîáèëü («òà÷êà»)

schnauben – ñîïåòü, ôûðêàòü

der Schmonzes – áîëòîâíÿ, ÷óøü

 

Ich sorgte dafür, dass er hinten in den Wagen kam und seine Frau neben mich. «Wohin darf ich Sie fahren, gnädige Frau?» fragte ich schmelzend.

«Wohin Sie wollen», meinte sie, mütterlich lächelnd.

Ich begann zu plaudern. Es war eine Wohltat, einen harmlosen Menschen vor sich zu haben. Ich sprach so leise, dass Blumenthal nicht viel verstehen konnte. So sprach ich freier. Es war ohnehin schon schlimm genug, dass er hinten saß.

Wir hielten. Ich stieg aus und sah meinen Feind fest an. «Sie müssen doch zugeben, dass der Wagen sich wie Butter fährt, Herr Blumenthal.»

«Was heißt schon Butter, junger Mann», entgegnete er sonderbar freundlich, «wenn die Steuern einen auffressen. Der Wagen kostet zu viel Steuern. Ihnen gesagt.»

«Herr Blumenthal», sagte ich, bestrebt, den Ton festzuhalten, «Sie sind Geschäftsmann, zu Ihnen kann ich aufrichtig reden. Das sind keine Steuern, das sind Spesen. Sagen.

Sie selbst, was erfordert ein Geschäft denn heute? Sie wissen es – nicht mehr Kapital wie früher –, Kredit braucht es! Und wie kriegt man Kredit? Immer noch durchs Auftreten. Ein Cadillac ist solide und flott – behäbig, aber nicht altmodisch – gesundes Bürgertum –, er ist die lebendige Reklame fürs Geschäft.»

Blumenthal wandte sich belustigt an seine Frau. «Ein jüdisches Köpfchen hat er, wie? Junger Mann», sagte er dann, immer noch familiär, «die beste Reklame für Solidität ist heute ein schäbiger Anzug und Autobusfahren. Wenn wir beide das Geld hätten, das für die eleganten Autos, die da 'rumflitzen, noch nicht bezahlt ist, könnten wir uns bequem zur Ruhe setzen. Ihnen gesagt. Im Vertrauen.»

Ich sah ihn misstrauisch an. Was hatte er nur mit seiner Freundlichkeit vor? Oder dämpfte die Gegenwart seiner Frau seinen Kampfgeist? Ich beschloss, eine Pistole abzufeuern. «So ein Cadillac ist doch was anderes als ein Essex, nicht wahr, gnädige Frau? Der Junior von Meyer und Sohn fährt so ein Ding, aber ich möchte ihn nicht geschenkt haben, diesen grellroten, auffälligen Schlitten –» Ich hörte Blumenthal schnauben und fuhr rasch fort: «Die Farbe hier kleidet Sie übrigens sehr gut, gnädige Frau – gedämpftes Kobaltblau zu Blond –» Plötzlich sah ich Blumenthal wie einen ganzen Wald voll Affen grinsen. «Meyer und Sohn – tüchtig, tüchtig –», stöhnte er. «Und jetzt auch noch Schmonzes – Schmonzes!»

 

trauen – äîâåðÿòü

in dieselbe Kerbe schlagen – áèòü â òó æå çàðóáêó, çàñå÷êó

gestatten Sie – ïîçâîëüòå

tückisch – êîâàðíûé (die Tücke – êîâàðñòâî)

gemartert – çàìó÷åííûé

das Rehkitz – ìîëîäàÿ êîñóëÿ, äåòåíûø êîñóëè (das Reh)

immerhin – âñå æå

die Konfektion – ïðîèçâîäñòâî ãîòîâîãî ïëàòüÿ

die Branche – îòðàñëü

der Schulmeister = der Lehrer

die Vorauszahlung – ïðåäîïëàòà

der Aschenbecher – ïåïåëüíèöà (die Asche – ïåïåë + der Becher – êóáîê, ÷àøà)

der Hecht – ùóêà

den Wagen zulassen – çàðåãèñòðèðîâàòü ìàøèíó

 

Ich blickte ihn an. Ich traute meinen Augen nicht; das war echt! Sofort schlug ich weiter in dieselbe Kerbe. «Herr Blumenthal, gestatten Sie, dass ich etwas richtigstelle. Bei einer Frau sind Schmonzes nie Schmonzes. Es sind Komplimente, die in unserer Jammerzeit leider immer seltener werden. Die Frau ist kein Stahlmöbel; sie ist eine Blume – sie verlangt keine Sachlichkeit; sie verlangt die heitere Schmonzessonne. Besser, ihr jeden Tag etwas Hübsches zu sagen, als mit tierischem Ernst das ganze Leben für sie zu arbeiten. Ihnen gesagt. Ebenfalls im Vertrauen. Und dabei habe ich nicht einmal Schmonzes geredet, sondern ein physikalisches Grundgesetz herangezogen. Blau passt gut zu Blond.»

«Gut gebrüllt, Löwe», sagte Blumenthal strahlend. «Hören Sie, Herr Lohkamp! Ich weiß, dass ich Ihnen noch glatt tausend Mark abhandeln kann –»

Ich trat einen Schritt zurück. Tückischer Satan, dachte ich, das ist der erwartete Schlag. Ich sah mich bereits als Abstinent durchs Leben wandern und warf den Blick eines gemarterten Rehkitzes zu Frau Blumenthal hinüber. «Aber Vater –», sagte sie. «Lass mal, Mutter», erwiderte er. «Also ich könnte es –aber ich tue es nicht. Es hat mir Spaß als Geschäftsmann gemacht, wie Sie gearbeitet haben. Noch etwas zu phantasievoll, aber immerhin – das mit Meyer und Sohn war schon gut. Haben Sie eine jüdische Mutter?» «Nein.»

«Waren Sie mal in der Konfektion?» «Ja.»

«Sehen Sie, daher der Stil. In was für 'ner Branche?» «Seele», erwiderte ich, «ich wollte mal Schulmeister werden.»

«Herr Lohkamp», sagte Blumenthal. «Respekt! Wenn Sie mal ohne Stellung sind, rufen Sie bei mir an.»

Er schrieb einen Scheck aus und gab ihn mir. Ich traute meinen Augen nicht! Vorauszahlung! – ein Wunder! «Herr Blumenthal», sagte ich überwältigt, «erlauben Sie mir, zu dem Wagen zwei kristallene Aschenbecher und eine erstklassige Gummifussmatte gratis dreinzugeben.»

«Schön», meinte er, «da kriegt der alte Blumenthal auch mal was geschenkt.» Dann lud er mich für den nächsten Tag zum Abendessen ein. Frau Blumenthal lächelte mir mütterlich zu.

«Es gibt gefüllten Hecht», sagte sie weich.

«Eine Delikatesse», erklärte ich. «Dann bringe ich Ihnen gleich den Wagen mit. Morgen früh lassen wir ihn zu.»

 

die Schwalbe – ëàñòî÷êà

bezähmen – îáóçäûâàòü (zahm – ïðèðó÷åííûé, ðó÷íîé)

der Strolch – áðîäÿãà, áîñÿê; ïðîêàçíèê

aber wehe die, wenn... – íî ãîðå òåáå, åñëè; íî òîëüêî ïîïðîáóé...

beteuern – çàâåðÿòü, óâåðÿòü

der Fordfritze – ýòîò òèï íàñ÷åò ôîðäà

kariert – êëåò÷àòûé

der Trauerflor – òðàóðíûé êðåï

hurtig – áûñòðûé, áîéêèé

mit verrupftem Kaninchenfellbesatz – îòîðî÷åííîå ïîðåäåâøèì êðîëè÷üèì ìåõîì (das Kaninnchen – êðîëèê; das Fell – ìåõ, øêóðêà; rupfen ùèïàòü, äåðãàòü; îùèïûâàòü /äè÷ü/)

das Zinnober – ñóðèê

gegen etwas Bedenken haben – ñîìíåâàòüñÿ, áûòü íåóâåðåííûì â ÷åì-ëèáî, îòíîñèòüñÿ ñ ïîäîçðåíèåì

fahl – áëåêëûé

verschwörerisch – çàãîâîðùèöêèé (der Verschwörer – çàãîâîðùèê)

ein munteres Kind – ðåçâûé: «áîäðûé» ðå


Ïîäåëèòüñÿ:

Äàòà äîáàâëåíèÿ: 2015-09-15; ïðîñìîòðîâ: 169; Ìû ïîìîæåì â íàïèñàíèè âàøåé ðàáîòû!; Íàðóøåíèå àâòîðñêèõ ïðàâ





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