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Klein Zaches genannt ZinnoberMitleidig belegt die Fee Rosabelverde den hässlichen Zwerg Zaches mit einem Zauber: alle Welt soll ihn loben und für gut halten. Leider ist Zaches jedoch nicht wirklich selber gut, wie verschiedene Personen erfahren - statt dessen fallen nur alle guten Leistungen anderer auf ihn und die eigentlichen Könner werden mit seiner Fehlleistung geschlagen. Dabei meint es die Fee durchaus gut, nur ist sie ein wenig beschränkt, immerhin wurden alle Zauberwesen aus dem Fürstentum verbannt als die Aufklärung eingeführt wurde. Der junge Dichter Balthasar hat besonders schwere Probleme mit Zaches, der sich nun Zinnober nennt. Dieser schwingt sich nach und nach zum Minister auf und spannt Balthasar seine Braut aus. Rat erhofft sich der Dichter beim Gelehrten Prosper Alpanus, der sich bald als versteckt lebender Zauberer herausstellt. Doch auch er kann den Zauber nicht sofort brechen... Klein Zachs genannt Zinnober zählt zur Gattung der Kunstmärchen und greift für diese typisch als zentrales Thema das Verhältnis von Schein und Realität auf. Einige Menschen der Geschichte erkennen Zaches als das kleine. hässliche Männchen, das er ist; weit mehr fallen dem Zauber anheim und sehen in ihm einen Alleskönner. Aber auch auf anderen ebenen ist die Perspektive durchaus nicht eindeutig. So erklärt Fabian, ein Freund Balthasars, die wunderliche Erscheinung des Magiers Prosper rational weg. Der Blickwinkel bleibt niemals eindeutig und immer gibt es neben dem rein rationalen auch das Wunderbare. Dieses Wunderbare wird in der Vorgeschichte aus dem Reich verbannt. Hier äußert sich starke Zeitkritik Hoffmanns: Die Aufklärung, wie sie hier durchgeführt wird, ist Karikatur und Satire - Kartoffeln anbauen, Dorfschulen verbessern, schön und gut, aber essentiell scheint vielmehr das Einimpfen der Kuhpocken und das Loswerden all dieser komischen Feen mit ihrer Zauberei, die es ja gar nicht wirklich gibt. (Deren Ausweisung nach Dschinnistan spielt zugleich auf eine gleichnamige Märchensammlung Wielands an.)
Die gebrochene Realität und die bisweilen lachhaften Ideen - nicht zuletzt die rationalisierenden Interpretationen der "Intellektuellen" - machen absolut Spaß und sorgen für eine unterhaltsame Lektüre. Im Gegensatz zu vielen Kunstmärchen ist hier auch ein mehr oder weniger positives Ende gegeben, in jedem Falle eines, dem man zustimmen kann. Das Entsetzen der Genarrten macht Spaß und über die missglückte Aktion der Fee lässt sich ebenso der Kopf schütteln. In dieser Hinsicht weicht Zaches auch stark vom "Volksmärchen" ab: zwar werden verschiedene Elemente übernommen, aber diese Fee - zweifellos eine gute - erreicht nichts Gutes mit ihrem Zauber. Sie hat eine „beschränkte Reichweite“ - und offensichtlich auch eine beschränkte Sichtweite. Man könnte auch sagen, dass sie selbst ebenfalls von einer irrigen Aufklärung ergriffen wurde und erst von Prosper überzeugt werden muss, dass ihr gut gemeinter Zauber nur Schaden anrichtet. Letzteres geschieht nach einem Zauberduell, das nach Stefan Neuhaus ("Märchen", UTB 2693, Francke 2005) das erste der neueren Literatur ist. Prosper selbst spielt sicherlich auf den Zauberer Prospero aus Shakespeares Sturm (Tempest) an und ist somit ebenfalls nicht gänzlich unproblematisch. Neben allem Interesse der Literaturwissenschaft lässt sich aber auch festhalten: Das Lesen von Zaches macht einfach Spaß. Der Ton der Erzählung ist klar satirisch und ironisierend; die Ideen sind skurril und die Zurechtbiegung der Wirklichkeit durch die Gelehrten sollte auch heute zu denken geben, wie viel von dem was wir Glauben, tatsächlich so ist. Aufklärung und Rationalität schön und gut, auch das Wunderbare kommt nicht ohne Makel Weg, aber der einzig richtige Weg, so scheint mir die Erzählung zu sagen, ist das richtige Verhältnis: Weder der Rückzug in Tiecksche Waldeinsamkeit noch die rationalistische Wegeerklärung allen Wunderbarens in der Welt kann glücklich machen. Dies ist eine Lektion, die auch heute noch gilt - denn noch immer gibt es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde als sich unsere Schulweisheit träumen lässt.
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